Burg Daber
Ruine des Neuen Hauses, um 1770
Ruine des Neuen Hauses, um 1770 (Paul Gantzer, Geschichte der Familie von Dewitz, I. Band. Halle 1912)

Die Ruine des alten Hauses, heute
Die Ruine des alten Hauses, heute

Spätgotisches Fenster des Neuen Hauses, heute
Spätgotisches Fenster
des Neuen Hauses, heute




















Aufriss der Ruine des Neuen Hauses
Aufriss der Ruine des Neuen Hauses
(Nach: Hugo Lemecke, Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin, Bd. 3: Die Kreise Saatzig, Naugard und Regenwalde. Stettin 1912).


Diese vier Burgzeichnungen stammen von einem Flyer
 
Bis 1815 hieß das Naugarder Land "Daber-Naugard-Dewitzscher Kreis", mehr als vierhundert Jahre - zwischen 1352 und 1808 - hatte die Familie von Dewitz das hinterpommersche Land Daber als Lehen. Noch heute künden die Ruinen zweier Burgen von ihrer Herrschaft, auch wenn die ältere bereits vorhanden war, als die Dewitz in Daber schloßgesessen wurden.
Bereits 1295 wurde ein castrum genannt, das seinen Namen wohl in Anlehnung an die bereits 1257 genannte Landschaft Daber trug. Im Schutz der Burg entwickelte sich eine Siedlung, die zu einem unbekannten Zeitpunkt - aber vor 1331 -lübisches Stadtrecht erhielt. Angeblich gaben 1352 die Herzöge Wartislaw V. und Bogislaw V. das Land und damit auch die Stadt Daber dem mecklenburgischen Geschlecht der Dewitze zu Lehen. Bis 1945 hatte sich im Cölpiner Familienarchiv derer von Dewitz eine aus dem 18. Jahrhundert stammende Abschrift einer Urkunde vom 22. Januar 1364 erhalten, deren Original sich Anfang des 20. Jahrhunderts im Großherzoglichen Geheimen und Hauptarchiv, dem heutigen Landeshauptarchiv Schwerin, befand, die den ältesten Beleg für die Dewitz in Daber darstellt.
Im späten 14. Jahrhundert entstand vermutlich auch der Kernbau des Dewitzschen Schlosses. Der Umstand, dass im Jahr 1473 eine Urkunde "uppe unsem slote" zu Daber gegeben wurde, lässt keine Rückschlüsse über das Aussehen jenes Hauses zu, sondern nur über den hohen Stand seiner schloßgesessenen Besitzer. In jenem "slote" wurde dann 1491 Jobst von Dewitz geboren, der später als pommerscher Hofrat wesentlichen Anteil an der Einführung der Reformation in Pommern hatte. Dieser Jobst von Dewitz ließ auch bis 1538 das neue Schloss in Daber bauen, eine später am Herrenhaus in Maldewin/Kreis Regenwalde angebrachte Platte trug diese Jahreszahl und seinen und den Namen seiner Frau - Dilige von Arnim -, sowie beider Familienwappen."
Die überlieferten historischen Abbildungen und die bis heute erhaltene Ruine dieses neuen Schlosses belegen, dass es sich um einen Bau handelte, der exemplarisch den Übergang zwischen Mittelalter und früher Neuzeit repräsentierte. Seine äußere Form - ein blockhaft anmutender hoher Bau - war ebenso wie der Standort am Rande der kleinen Stadt, auf dem gleichen Hügel, auf dem bereits seine Vorgängerbauten errichtet worden und zumindest rudimentär erhalten geblieben waren, dem mittelalterlichen Burgenbau verpflichtet, bei dem bekanntermaßen an erster Stelle die Erfüllung fortifikatorischer Aufgaben gestanden hatte und die Wohnlichkeit und die höfische Repräsentation nachgeordnet waren. Doch die überlieferten Bauformen des neuen Schlosses zeigen, dass man nun sehr wohl diese Aufgaben über denen der Verteidigung angesiedelt hatten. So sind die großen repräsentativen Fenster eindeutige Indizien dafür, dass ein moderner Schlossbau errichtet worden war. Der alte Bau blieb offensichtlich weiter bestehen.
Schon nach dem Dreißigjährigen Krieg erfreute sich das neue Schloss wohl vor allem wegen der hohen Bauunterhaltungskostcn keiner sehr großen Beliebtheit innerhalb der Familie von Dewitz. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass es bereits nicht mehr den veränderten Bedürfnissen und auch nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprach. Und es muss berücksichtigt werden, dass die Familie von Dewitz in der Zeit zwischen der Mitte des 16. Jahrhunderts und dem Ende des 30jäh-rigen Krieges durch verschiedene Umstände einen herben wirtschaftlichen Niedergang hatte erleben müssen, der den Unterhalt solcher Bauten nicht eben erleichterte. Es waren viele Besitzungen der Familie verpfändet oder auch verkauft worden." Im "neuen hausz zu Daher ufm schlosz" wohnten im Laufe des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts Vertreter verschiedener Zweige der von Dewitz. So zogen im Januar 1582 - nachdem sie ihren Besitz verloren hatten und zunächst befristet auf knapp zwei Jahre - Bernd von Dewitz und seine Söhne Jobst, Kurt und Stephan samt ihrem "gantzen hnuszgesinde" in das von Franz von Dewitz und seiner Mutter besessene Neue Haus des Schlosses Daber. Doch schon nach einem Jahr mussten sie das Haus an die fürstlichen Kommissare des herzoglichen Hofgerichtes übergeben, ein damals erstelltes Inventar besagte unter anderem: "Erstlich ist das gantze haus mit guten dache versehen gewesen; demnach im obersten gemache befunden ein kachelofen." Kachelöfen wurden auch in den Gemächern der "jungen Dewitzen", im "som-mergemache" der "frau Dewizischen", in Kammern und in der "untersten kleinen ritterstuben" sowie in der "großen ritter- und hofstuben" inventarisiert und künden ebenso von der guten und vergleichsweise modernen Ausstattung des Neuen Hauses wie von dessen damals noch gutem Bauzustand. Ein Vierteljahrhundert später konnte davon nicht mehr die Rede sein. Als herzogliche Kommissare im August 1607 unter anderem über die Teilung der beiden Daberschen Schlösser zwischen Jobst von Dewitz und der Witwe seines Bruders Kurt verhandelten, wurde wieder ein Inventar angefertigt. Das aus dem 14. Jahrhundert stammende "alte haus" des Franz von Dewitz wurde als nutzlos erachtet. Das von den Brüdern Jobst und Kurt gemeinsam bewohnte neue Haus - "Bernd von De-witzen haus" -, wurde als gut im Stande bezeichnet, doch gab es auch einige Risse und andere Mängel, die beseitigt werden mussten. Darüber, wer Schuld am ruinösen Bauzustand des Alten Hauses habe, entbrannte in der unmittelbaren Folgezeit ein heftiger Streit zwischen Jobst von Dewitz und den Vertretern seines verstorbenen Bruders Kurt. Gegenseitig warfen sie sich vor, an der "Verwüstung oder verschmälerung" Schuld zu sein.
Den Anfang vom Ende des Neuen Hauses kann man in der am 3. Mai 1636 erfolgten Aufteilung des bisher gemeinsamen Besitzes am Schloss Daber unter den Brüdern Bernd, Heinrich und Georg von Dewitz sehen, wurde doch das Haus akribisch in drei Kaveln geteilt, die als gleichwertig erachtet wurden und dennoch den Anlass für viele Streitigkeiten in sich bargen. Gemeinsam wollten die drei Brüder das "Tohrhaus nebst der alten Küche, die Batri vom alten Thurm", den "Berg vor der langen Brücke", die "Schlosstrille und Gartens umbs Haus und dessen Grunz und Mahle hierumb" behalten.
Es war vor allem der teilweise in verschiedene Hände gegebene Bauunterhalt an einzelnen Bauten, der zu Streitigkeiten und letztendlich zum Verfall des Schlosses führen sollte. Nach 1648 teilten sich die nicht immer freundschaftlich miteinander verkehrenden Vettern Heinrich, Georg, Stephan, Georg Heinrich, Bernd und der dann 1652 verstorbene Henning Anton von Dewitz den Besitz und damit die Baulast am Daberschen Schloss. Einen ersten Hinweis darauf, dass es um den Zustand des Schlosses nicht eben gut gestellt sein konnte, gibt es aus dem Jahr 1648. Stephan von Dewitz bat in jenem Jahr die schwedische Regierung, seinen Vettern Heinrich, Georg, Bernd und Georg Heinrich bei Strafe aufzuerlegen, ihren Anteil am Schloss Daber "auszubauen", d.h. instandzusetzen.
Die Briefwechsel und Informationen, die sich aus den folgenden Jahren überliefert haben, bieten nicht nur ein authentisches Bild des damaligen Bauzustandes des Schlosses, sie illustrieren auch die gesellschaftliche Bedeutung, die ein alter Familienstammsitz für die gesamte Ritterschaft hatte und die durchaus als eine frühe Wurzel der Denkmalpflege angesehen werden kann.
Am 11. Juli 1654 richtete Matthias von Krockow eine Eingabe an das kurbran-denburgische Hofgericht in Kolberg, dass das Schloss in Daber ganz verderben und vielleicht schon im nächsten Winter wegen Baufälligkeit einstürzen werde, weil die Vettern Dewitz nichts gebessert hätten, obwohl schon längst verordnet sei, dass "sothane kostbare Häuser als eine Zierde des Landes in baulichem esse oder Stande zu halten". Das Hofgericht erließ daraufhin eine Verfügung: "Wir befehlen euch hiermit ernstlich, dass ihr diesen Sommer die unfehlbare Beschaffung thuet, damit das Haus im baulichen Wesen erhalten und Supplicanten durch eure Nachlässigkeit kein Schaden zugezogen werde, mit ausdrücklicher Verwarnung, dass ihr aufm widrigen Fall Supplicanten den zugefügten Schaden, so ihm daraus entstehen möchte, zu ersetzen angehalten, auch mit ernster Arbitrarstrafe angesehen werden sollet. Habet euch hiernach zu achten und für Schaden zu hüeten." Offenbar brachte die Verfügung keinen Erfolg, denn sie wurde im April und im August 1657 wiederholt und auch konkretisiert, hieß es doch nun, dass das Haus binnen vier Wochen "am Dache, Balken, Mauren und sonsten" zu reparieren sei.
Doch scheint auch diesmal nichts oder doch zumindest nichts Wesentliches geschehen zu sein, denn auch die nächste Generation, der Anteile am Schloss Daber zugefallen war, beklagte einander, dass sie ihren Anteil instandzusetzen hätten. So bat Joachim Balthasar von Dewitz im Mai 1696 den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich 111., seine Vettern Christian Heinrich und Gustav Georg zu veranlassen, ihm ihre anderthalb Stuben des vom "Einfalt bedrohten Schlosses" abzutreten, da er sonst auch seinen Anteil in den "Haufen fallen lassen" müsse. Es entwickelte sich nun eine unerfreuliche Auseinandersetzung, die dem Schloss letztendlich doch nicht half. Christian Heinrich und Gustav Georg hatten in dem Haus, das Joachim Balthasar von Dewitz gehörte, "eine wüste Stube ohne Fenster, Ofen und Thüre, derer gewölbter Boden, weil kein Dach darüber von dem stets daraufschießenden Regen auch dergestalt ruiniret, dass er täglich den Einfalt dreuet". Ob Joachim Balthasar den Zustand gegenüber dem Kurfürsten dramatisierte, weil er das ganze Haus in seinen Besitz bringen wollte, könnte zwar durchaus unterstellt werden, doch die darauffolgende Entwicklung lässt ihn eher glaubhaft erscheinen. Er wird wohl auch kaum übertreiben, wenn er seinem Vetter Gustav Georg unterstellt, dass dieser ihm noch allerlei Verdruss antäte. So ließe dieser sein wüstes und ihm unnützes Gemach offen stehen und Joachim Balthasar müsse - "umb die Schweine, Ziegen und ander Vieh" von seinem "zum Teil noch imstande seyenden Logimenten abzuhalten - die Thüre, so wegen Mangel der Haspen nicht auf- und zngemachet werden kann, festmachen lassen und dagegen die andere Thüre, so" nach des Vettern "Gemächern gehet offenhalten". Doch Gustav Georg hat "dennoch besagte vermachte verfertigte Thüre zu zweyen Mahlen mit Äxten aufbrechen lassen". Im Februar 1697 erklärte Joachim Balthasar den fürstlichen Kommissaren, dass er den kleinen Anteil der Vettern am Schloss Daber erwerben wolle, da "dem publico selbst daran gelegen, dass dergleichen Gebäude auf dem Lande als in den Städten conserviret und nicht muthtwilligerweise zu Grund gerichtet werden". Und es würde "seinen Vettern und deren Nachkommen zur Schande gereichen, dass sie ihr Stammhaus also untergehen lassen".' Er liefert damit zugleich zwei Gründe für den Erhalt, dem ersten liegen frühe Ideen des Denkmalschutzes, dem zweiten ein interessanter standesrechtlicher Ansatz zugrunde, nachdem sich über das Alter eines Stammsitzes auch die Bedeutung der Familie herleitete.
Doch ungeachtet dessen folgten nun kleinliche Streitereien zwischen den Vettern, die sich darum drehten, wer letztendlich für die Schäden am Schloss verantwortlich sei, doch am Bauzustand verbesserte das nichts. Auch der Umstand, dass sich Vettern wechselweise ihren Anteil abkaufen wollten, verzögerte letztendlich die immer wieder als dringend erachteten Reparaturen. Denn man konnte sich nie einigen, hing doch am Mitbesitz auch die Ehre "Schloss- und Burggesessen" zu sein, unabhängig davon in welchem baulichen Zustand sich die Häuser dieses Schlosses befanden. Der schien immer schlechter zu werden, und wieder war es Joachim Balthasar, der seinen Vettern im Mai 1698 vorwarf, dass es nicht gebräuchlich sei, "das man im Schlossgraben Strohkahten haut und darin Leute wohnen last, weil dadurch das ganze Schloss in Feuersgefahr gesetzet" würde. Zudem muss auch "nohtwendig die alte Brücke wiedergebauet werden; den man ja sonst nicht mit einer Kutsche ohne große Gefahr auf das Schloss fahren kan". Joachim Balthasar starb am 9. April 1699, seine Erben scheinen sich nicht weiter um den Besitz in Daber gekümmert zu haben, denn erst mehr als ein Vierteljahrhundert später gibt es erst wieder eine Nachricht vom Daberschen Rittersitz, die allerdings nichts über den Bauzustand vermeldet. Die auf und zu Daber schloßgesessenen Dewitze, die ja schon seit Jahrzehnten auf ihren umliegenden Gütern lebten oder im Staatsdienst außer Landes weilten, schienen sich mit der Ruinierung ihres Stammschlosses abgefunden zu haben. Und mehr noch, diese Ruine wurde hoch geschätzt. Unter einer Zeichnung von 1770 war zu lesen: "Mag dieser stolze Bau, wie es der Zeiten Recht, / Einst edler Ahnherrn Sitz, in Trümmern jetzt vergehn - / So lang der Väter Wert im Dewitzschen Geschlecht / sich unverkürzt erneut, wird blühend es bestehen!"
Die im 19. Jahrhundert verstärkt aktiv werdende Denkmalpflege hielt es nicht unbedingt für der "Zeiten Recht", dass stolze Bauten in Trümmern vergingen, doch auch die Trümmer, also die Ruinen, genossen Denkmalschutz. Hugo Lemcke, verdienstvoller pommerscher Denkmalpfleger des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, würdigte die Ruine der älteren Burg und die Schlossruine in Daber in dem von ihm herausgegebenen Denkmalinventar des Kreises Naugard ausführlich und dokumentierte den damals vorhandenen Baubestand.
Es ist anzunehmen, dass die Ruinen bis 1945 zumindest einen minimalen Unterhalt erfuhren, solches ist zumindest für vergleichbare vorpommersche Burgruinen wie in Putzar oder Landskron überliefert.
Heute dienen die Ruinen offensichtlich als Kulisse von Freilichtveranstaltungen. Anlässlich der letzten großen Hinterpommernexkursion der Arbeitsgemeinschaft Kirchengeschichte der Pommerschen Evangelischen Kirche im Sommer 2002 mussten wir aber feststellen, dass die erhalten gebliebenen Bauteile dringend der Pflege bedürfen, da sonst der endgültige Untergang des Alten und des Neuen Hauses in Daber nach fast vierhundert Jahren nicht mehr aufzuhalten ist.
geändert: 07.03.2020