
Haus Golz

Friedrich Ludwig Leopold v. Dewitz (456)
*Sondershausen 04.03.1765
+Golz 29.09.1831
X 15.09.1799
Auguste Libica v. Dewitz
geb. v. Wedel
*Silligsdorf 19.07.1767
+Dramburg 22.03.1832

Adolph v. Dewitz (514)
*Golz 11.11.1804
+Weimar 14.04.1884

Roderich v. Dewitz(620)
*Schneidemühl 05.09.1854
+Hannover 18.09.1935
X2 Münster 09.07.1897
Sophie v. Dewitz, geb. v. Borries
*Hannover 01.05.1869
+Leopoldshöhe, Lippe 12.11.1948

Jobst Roderich (746)
*Höxter 24.07.1890
+Bad Godesberg 21.11.1965
X Lischnitz 12.08.1919
Annerose (686), geb. v. Dewitz
*Sophienhof 10.02.1890
+Bad Godesberg 02.07.1980

Roderich (860)
*Hannover 25.05.1920
+ gefallen als Unteroffizier
bei Rshew am 02.09.1942

Asta Autio (869)
*Hannover 06.09.1921
+Abbotsford B.C. Canda 16.09.1997

Louis (622)
*Thorn 27.11.1857
+Rostock 02.01.1939
XBreslau 15.11.1892

Günther v. Dewitz(749)
*Kolberg 09.08.1895
+Pfraundorf 20.09.1959
Ursula v. Dewitz, geb. v. Marck
*Greifswald 03.05.1891
+Schwerin 29.06.1945

Eberhard v. Dewitz(881)
*Greifswald 26.03.1926
+vermisst Breslau
Januar 1945

Vier Generationen
Lutz, Günther, Olaf, Günther-Lutz

Dieses Dewitz-Wappen zierte einst einen Schrank, Günther
erbte es von seinem Vater,
Datun und Herkunft sind unbekannt
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Friedrich Ludwig
Leopold (456) wurde 1765 in Sondershausen geboren.
Seine Jugend verbrachte er in Waggersin, Zirzow und
Broda. Er kam mit seinem Bruder Adolf (457) nach Württemberg
auf die Karlsschule (Schiller) und verließ diese
als Leutnant bei der Herzogl. Württembg. Husarengarde.
Dort tat er hauptsächlich Hofdienst, wurde als
Rittmeister zum Hofoberforstmeister ernannt und hatte
besonders für die Anlage und Durchführung
der Hofjagden zu sorgen. Doch diese Tätigkeit
sagte auf Dauer Auguste nicht zu und er zog zurück
nach Pommern zur Familie in Wussow. 1799 heiratete
er Auguste Libica von Wedel und zu Beginn des Jahres
1800 erwarb er die Güter Golz und Janikow bei
Dramburg für 33000 Taler. Janikow hat er im folgenden
Jahr wieder weiter verkauft.
In der Erbteilung nach des Vater Tode, die nach Familiensitte
in Güte durch Verlosung vorgenommen wurde, verzichtete
Adolf ohne Abfindung, Karl erhielt Weitenhagen, Stephan
Werner Farbezin, Christian Ludwig Wussow und Friedrich
und Wilhelm erhielten je 3000 Taler ausbezahlt.
Anfang 1809 kamen sämtliche Dewitz-Vettern zusammen
und hoben in gemeinsamer Entschließung die wegen
ihrer Lehngüter in Hinterpommern unter ihnen
bestehende Lehnsverbindung auf. Vorausgegangen war
eine Regierungsverordnung von 1807 auf Grund der Hinterpommerschen
General-Alodifikations-Akte von 1787, die damals schon
die Lehnsverbindung der Lehnsträger mit dem Landesherren,
dem König von Preußen, aufgehoben hatte.
Damit endete die Lehns-einrichtung aus der Zeit des
Beginns unserer Familiengeschichte. Von nun an war
das einzelne Gut ein persönlicher Vermögensteil
und konnte ohne Bindung verkauft werden. Die Lehnsbefreiung
ist ein Teil der Stein-Hardenbergschen Reformen, die
weiterhin die Aufhebung der Leibeigenschaft für
die Bauern brachten.
In seiner Ehe erwuchsen ihm drei Töchter und
drei Söhne. Das Familienleben war sehr innig.
Auch das Verhältnis zu seinen Geschwistern und
Vettern war herzlich und vertraut. Die Söhne
gab er auf das Gymnasium zu Stargard. Friedrich (456)
ist gestorben zu Golz am 29.09.1831.
Der älteste Sohn Karl (511) verwaltete Golz für
die Erben, bis es 1842 für 44000 Taler verkauft
wurde. Seine Witwe starb in Dramburg am 22.03. 1832.
So war das Gut, nach dem unser Haus seinen Namen hat,
nur 42 Jahre im Besitz der Familie.
Adolph Friedrich Bernhard (514) wurde als zweiter
Sohn des Friedrich Ludwig am 11.11.1804 in Golz geboren.
Nach der Schulzeit in Stargard wurde er Soldat und
1833 Leutnant des 2. Linien-Infanterie-Regiments in
Stettin. Frühzeitig wurde er Bataillionsadjudant
und war dann lange Jahre Regimentsadjudant. Er war
sehr ernsthaft, genau und sparsam. Mein Großvater
erzählte eine Anekdote von ihm: Der Weg über
den Kasernenhof, von seiner Leutnantsstube zum Tor,
war bei Dunkelheit und schlechtem Wetter besonders
lästig, wenn der Leutnant am Abend in Gesellschaft
ging. Um dort mit sauberen Stiefeln erscheinen zu
können, denn Gummischuhe waren noch nicht erfunden,
ließ er sich von zwei Grenadieren im großen
Waschkorb über den Kasernenhof tragen!
Die damaligen Beförderungsaussichten waren mehr
als trübe, so blieb er 20 Jahre Leutnant bzw.
Oberleutnant. Einige Zeit verbrachte er als solcher
in Stralsund und lernte dort die Tochter des Steuerrates
von Kienitz, Antonie,
kennen: Er half ihr bei den Schularbeiten. Das Gehalt
eines Subaltern-Offiziers war sehr gering und eine
Zulage von seinem Vater konnte er nicht erwarten.
So dauerte es bis 1847, daß er Kompaniechef
wurde und so in der Lage war, Antonie zu heiraten.
Bei der Märzrevolution von 1848 wurde seine Regiment
von Stettin nach Berlin geholt, um die Ruhe wieder
herzustellen. 1851 wurde er Major und schließlich
1856 als Oberstleutnant Bataillionskommandeur beim
Infanterieregiment Nr. 21 in Thorn. Dort überraschte
ihn 1858 "der blaue Brief", der ihm den
Abschied erteilte. Recht erbittert zog er des Königs
Rock aus und zog mit der Familie nach Berlin und später
nach Weimar.
Persönlich bedürfnislos, sorgte Adolph aufopfernd
für die Seinen im regen Anteil an der Gesamtfamilie,
deren Ältester er seit 1867 war. Er gehörte
zu den Gründern der Familienstiftung und mit
lebhaften verwandtschaftlichen Gefühlen pflegte
er ausdauernd die Beziehungen zu seinen Vettern und
Cousinen.
Adolph (514) starb zu Weimar am 14.04.1884. Mit seiner
Frau Antonie von Kienitz hatte er 8 Kinder, von denen
zwei Söhne und eine Tochter schon im Kindesalter
starben. Der älteste Sohn Oskar (616) war mit
Helene von Normann verheiratet und verstarb kinderlos
als akademischer Zeichenlehrer in Greifswald. Der
zweite Curt (617) blieb unverheiratet und starb als
General 1916 in Wiesbaden.
Roderich (620), in zweiter Ehe mit Sophie von
Borries verheiratet, starb als General 1935 in Hannover.
Sie hatten zwei Kinder, Jobst Roderich (746) und Asta
(747), welche als Gemeindeschwester arbeitete und
in Hamburg starb.
Jobst Roderich (746) war Offizier bei der Schutztruppe
in Deutsch Südwestafrika und später Farmer
in Sumatra und Tanganjika (Tansania). Er starb, als
Vorsitzender des "Interessenverbandes Übersee"
hochgeachtet, 1965 in Bad Godesberg. Mit seiner Frau
Annerose (686) a.d.H. Maldewin hatte er einen Sohn
Roderich (860), der 1942 als Unteroffizier bei Rshew
in Rußland fiel, und eine Tochter Asta (869),
die mit William Autio in Canada verheiratet war und
drei Söhne hinterließ.
Der jüngste Sohn Louis (Lutz) (622) wurde 1857
in Thorn geboren. Im folgenden Jahr zog die Familie
schon nach Berlin, sodaß er als Berliner Kind
aufgewachsen ist. Das Gymnasium zum Grauen Kloster
in Berlin und dieKadettenanstalten in Potsdam, Culm
und Lichterfelde waren die Ausbildungsstätten.
Fast zwanzig-jährig wurde er Leutnant im Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiment
Nr. 1 in Berlin. Jedoch hat er sich dort nicht sehr
wohl gefühlt. Er war immer knapp bei Kasse und
in Berlin war damals die sogn. Gründerzeit, eine
Periode des wachsenden Reichtums und Einflusses auch
der Wohlhabenden, zu deren Gesellschaften er sich
nicht hingezogen fühlte. Außerdem litt
er unter seiner kleinen Erscheinung und dem Mangel
an Bartwuchs, der damals einfach unerläßlich
war. Die Zeit fand ihr Ende, als bei Vergrößerung
der Armee ein neues Korps in Posen aufgestellt wurde.
Louis kam nach Inowrazlaw zum Infanterie Regiment
Nr. 129. Die Bevölkerung war und sprach Polnisch,
es herrschten schwierige Verhältnisse und es
gab kein Kasino, kein Theater, kein Konzert und auch
keine sogn. gute Gesellschaft. Die Leutnants tobten
sich auf ihre Weise mit Trinken, Kartenspiel und Anderem
aus, man schoß wohl auch dann und wann einmal
mit Pistolen in den Kronleuchter. Ein ernstes Erlebnis
war der Tod eines Rekruten als er diensthabender Schwimmoffizier
war. Die traurigen Augen des Vaters verfolgten ihn
lebenslang. Dann erkrankte er selbst schwer an Typhus.
Als Folge verlor er seine dunkle Haarfarbe und erschien
so zeitlebens mit weißem Haar viel älter
als er wirklich war. In dieser Zeit hatte er sich
auch der Loge angeschlossen und fand in dem Kreise
eine gewisse Anregung zu ernsterem Denken und Freude
sowie an Kunst und Kultur. Es folgten drei Jahre Kriegsakademie
in Berlin, Kommandos zu verschiedenen Truppen, sowie
die Zeit als Erzieher im Kadettenkorps Potsdam. Dort
lernte er Anna von Werner kennen. Doch an Heirat war
nicht zu denken, bis er im Herbst 1892 Hauptmann und
Kompaniechef in Kolberg wurde. Später versah
er seinen Dienst als Major Batl. Kommandeur in Gießen,
als Oberstleutnant in Rostock und dann 1912 als Oberst
und Regimentskommandeur des Inf. Regt. Nr. 21 in Thorn.
Dies war dasselbe Regt., in dem sein Vater 1858 den
Abschied als Bataillionskommandeur bekommen hatte.
Mit Kriegsausbruch 1914 führte er zunächst
als Oberst und dann als Generalmajor die 71. Inf.
Brigade in den Schlachten bei Tannenberg und an den
masurischen Seen. Im Herbst 1915 kam die Brigade an
die französische Front. Dort herrschte Grabenkrieg
und es gab viel Nachschub- und Organisationsaufgaben.
Nach 40 Dienstjahren und fast 60 Jahre alt fiel ihm
diese Kampfesweise, fast unter der Erde, schwer. Eine
Augenerkrankung gab dann den Anstoß zum Fortgang.
Er erhielt den Abschied und übernahm ein Kommando
für Ausbildungstruppen in Hildesheim.
Als zu Beginn des Krieges viele französische
Ausdrücke aus der deutschen Sprache ausgemerzt
wurden, nannte er sich statt Louis: Lutz, worauf sein
Bruder Roderich es in gespielter Entrüstung ablehnte,
sich dementsprechend statt Roderich: Rotz zu nennen.
Die Revolution 1918 erlebte er mit meuternden Matrosen
in Hildesheim und kehrt als gebrochener Mann nach
Rostock zurück. Er beschäftigte sich mit
geschichtlichen, geographischen und fremdsprachlichen
Büchern und häufte so ein Wissen an, das
er dann bei Vorträgen an der Volkshochschule
weitergab.
Seine persönliche Anspruchslosigkeit wuchs immer
mehr, still vergnügt erlebte er das Leben seiner
Kinder; so half er jahrelang meinem Vater mit Geld,
Ilse (748) ermöglichte er die Ausreise als Missionsschwester
nach Aussann, Margarethe (751) konnte Philologie und
Musikwissenschaft studieren und er bezahlte auch die
umfangreiche Doktorarbeit. So sorgte und half er der
Familie wie und wo er konnte.
Mein Großvater entschlief still am 2. Januar
1939.
Mein Vater, Günther Gustav Adolf (749) wurde
am 9. August 1895 in Kolberg geboren. Er besuchte
die Schulen in Berlin, Kassel, Gießen, Rostock
und Thorn mit wechselndem Eifer und Erfolg, aber immerhin
machte er doch das Abitur, bevor er am 03.08.1914
das Elternhaus verließ und als Fahnenjunker
in das Garde-Füsilier-Regiment in Berlin eintrat.
Dort kam er schon nach gut 14 Tagen an die Front.
Er war wohl recht tapfer und wurde schon im März
1915 Leutnant und erhielt auch das E. K. 2. In der
Sommer-Schlacht (1916) erhielt er schwere Verwundungen
durch Granatsplitter im Hinterkopf. Nach einigen weiteren
Fronteinsätzen und Versetzungen in Stäbe
zeigten sich doch starke Beschwerden durch die Verwundungen.
Er erhielt das E. K. 1 und kam zum Ersatzbataillon
nach Berlin wo er den 9. November 1918 als Führer
der Wache im Generalstabsgebäude erlebte. Er
studierte dann Genossenschaftswesen und war als Revisor
und Buchhalter bei verschiedenen Genossenschaften
in Hessen tätig.
Ende 1923 bewarb er sich um Wiedereinstellung als
Offizier und wurde Leutnant im 5. Inf. Reg. in Greifswald.
Dort lernte er dann auch meine Mutter, Ursula von
Marck, kennen. Die Hochzeit fand am 8. Februar 1924
in Greifswald statt. Mein Bruder Eberhard (881) kam
am 26.03.1926 zur Welt. Meine Mutter erkrankte an
Diabetes, was vielerlei Sorgen, auch finanzieller
Art, mit sich brachte.
Am 30.08.1930 wurde ich in Greifswald geboren. 1932
Versetzung meines Vaters nach Rostock als Kompaniechef.
Am 1. März 1933 wurde er zum Hauptmann befördert
mit einem Gehalt von DM 400, wovon schon DM 125 für
die Miete abgingen.
Schwere Zeiten! 1937 als Major zum Stabe der 12. I.
D. nach Schwerin. Vorbereitung der Mobilmachung für
den Krieg. Im Kriege zunächst Bat. Kom. in Frankreich
und Rußland. Als Regiments- Kom. auf der Krim
und im Mittelabschnitt. Eine schwere Lungenentzündung
brachte ihn zunächst nach Hause. Im Sommer 1944
zog er dann mit einem neu aufgestellten Regiment an
den Atlantikwall bei Dünkirchen. Die Invasion
der Alliierten drängte die Truppe nördlich
nach Holland und dort ereilte ihn die 2. schwere Verwundung:
Schuß durch beide Oberschenkel. Dies brachte
ihn in englische Gefangenschaft. Lazarette in Sheffield
und Leeds. Später im Gefangenenlager traf er
dann mit seinem Vetter Jobst-Roderich (746) zusammen.
Von September `45 bis Januar `46 gefangen im Munsterlager
dann bis zur Entlassung im Mai `46 in einem von den
Engländern eingerichteten Straf- und Hungerlager
für Generale und Admirale und ältere Stabsoffiziere.
Nach der Entlassung weiter in einem Lazarett in Travemünde
zur Behandlung. Dort sah ich dann auch meinen Vater
wieder, nachdem ich über die Grenze der sowjetischen
Besatzungszone aus Schwerin geflüchtet war.
Von Travemünde aus lernte mein Vater die Admiralstochter
Elisabeth Gerdes kennen und fand in ihrem Hause eine
neue Heimat. (Meine Mutter war ja schon im Juni 1945
in Schwerin gestorben und Haus und Wohnung dort von
den Russen beschlagnahmt worden). Dort richtete er
sich innerlich wieder auf. Viel Zeit und Mühe
wandte er auf, um den Familienverband, dessen Schriftführer
er ja seit Mitte der Zwanziger Jahre war, wieder aufleben
zu lassen. Er korrespondierte mit allen irgendwie
erreichbaren Dewitzen und brachte 1949 die Familiennachrichten
nach dem Kriege heraus. Finanziell ging es natürlich
nicht gut, denn er bekam nur eine kleine Schwerversehrtenrente,
erst in der 50'er Jahren erhielt er seine volle Pension
als Oberst. Zu der Zeit waren mein Vater und Frl.
Gerdes von Reinfeld/Holstein nach Süden in das
Dorf Pfrauendorf bei Rosenheim gezogen, das Klima
dort war für meinen Vater günstiger. 1955
heirateten mein Vater und Elisabeth Gerdes in Pfrauendorf
ohne große Zeremonie.
Der Familienverband, Nachforschungen über weitere
Zweige der angeheirateten Familien für die "Ahnenbilder",
Reisen nach Tirol und Kärnten, füllten sein
Leben aus bis er am 20. September 1959 einem Herzschlag
erlag.
Mein Bruder Eberhard (881) und ich selbst verlebten
eine schöne Kindheit. Erinnerungen kommen auf,
wie ein Besuch in Roggenhagen, wo ein paar Wolfspitze
uns immer in die Beine zwickten. Später kamen
Besuche, meist in den Pfingstferien, in Cölpin
mit Stelzenlaufen, Krocket und "Kegeln"
mit einer am Galgen hängenden Holzkugel. Als
wir älter waren durften wir auch schon mal mit
Onkel Fritz auf Ansitz gehen, in der Ernte mit dem
Gespann vor dem Leiterwagen "bis zu" fahren.
Herrliche Ferien! Vor allem auch, weil Vater und Mutter
dabei waren bis dann der Krieg ausbrach. Unseren Vater
sahen wir dann recht selten und Mutter versorgte uns
so gut es ging. Mein Bruder und ich waren auch im
Jungvolk der Hitlerjugend, eifrige Bläser und
Trommler im Fanfarenzug. Die Schule war uns leider
nicht so interessant wie es hätte sein müssen.
Mein Bruder kam dann zum Arbeitsdienst und als Offiziersbewerber
zur Infanterie. Sein Lehrgang in Wreschen bei Posen
wurde im Januar `45 als Kampftruppe in die Gegend
von Breslau verlegt. Hier verliert sich jegliche Spur,
denn kein Offizier oder Mann dieser Einheit ist aus
dem Kriege heimgekommen. So erlebten meine Mutter
und ich das Ende des Krieges in Schwerin. Wir wußten,
daß mein Vater in englische Gefangenschaft geraten
war, hatten aber noch keine persönliche Nachricht
von ihm. Ende Juni 1945 starb dann meine Mutter an
Leberschwund und es war ein Glück, das Mutters
Schwester Gisela von der Lühe ganz dicht bei
uns wohnte und sich so um mich kümmern konnte.
Doch nur kurz nach der Übernahme West Mecklenburgs
durch die sow. Besatzungsmacht mußten sowohl
wir, als auch Tante Gisela die Wohnungen innerhalb
weniger Stunden räumen. Eine schöne Jugend
war vorüber.
1946 ging ich über die Grenze zu Vater nach Travemünde
und ich fand als Hilfskraft beim Landw. Untersuchungsamt
in Lübeck Brot und Arbeit. So war ich erstemal
untergekommen. Ich wollte aber einen Beruf erlernen
und ging als Lehrling in eine Baumschule und machte
die Gärtnergehilfen-Prüfung. Mein Vater
meinte aber, die Landwirtschaft wäre besser und
so machte ich wieder Lehrzeiten in Niedersachsen und
Hessen. Dann besuchte ich die höhere Landbauschule
und die Universität in Gießen und wurde
landwirtschaftlich technischer Assistent bei der Landwirtschaftsschule
in Friedberg/Hessen.
Beim Familientag auf Schloß Wilkinghege lernte
ich dann Telse, Tochter von Gisela Walther (837) aus
Süd-westafrika kennen und bald kam der Entschluß,
nach SWA auszuwandern. Bevor es soweit war, starb
mein Vater, doch der Entschluß blieb und Mitte
1960 kam ich per Dampfer in Walfischbay an. Onkel
Max (799) gab mir einen Store zur Verwaltung. 1961
Heirat mit Telse. 1962 wurde uns Britta (994) geboren
und 1963 unser Sohn Lutz (995). Das Geschäft
lag an der Hauptstraße zur Küste, doch
die wurde verlegt und geteert, etwa einen Kilometer
von der jetzigen Lage entfernt. So ging der Umsatz
sehr zurück und das Geschäft wurde aufgelöst.
Ich ging nach Okahandja als Handelsvertreter und Buchhalter.
Zwischendurch versuchte ich zusammen mit Telse, auf
einer Gästefarm weiterzukommen, was aber leider
nicht klappte. Hier wurde dann Michaela (1025) 1971
geboren. Wieder ging es zurück nach Okahandja.
Anfang 1976 wurden mein Schwager und Schwägerin,
Gerd und Elke Walther, auf der Farm Okatjiho von SWAPO
Terroristen ermordet. Die Farm Okatjiho war schon
seit den 30'er Jahren von meinem Schwieger-
vater verwaltet worden und wir übernahmen nun
die Verwaltung. Der Besitzer lebte bei Kapstadt. Mit
den ungewisser werdenden Aussichten verkaufte er die
Farm. Ich trat Dienst bei der landw. Genossenschaft
in Okahandja an und war dort bis zu meiner Pensionierung,
zuletzt als Einkäufer und Leiter der Handelsabteilung
tätig. Hier hatten wir eine schöne Zeit.
Nach dem Tode meines Schwiegervaters konnten wir uns
ein Haus kaufen, welches dann noch renoviert und etwas
umgebaut wurde. In der Zeit war ich auch Mitglied
des Stadtrates, zuletzt als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses,
bis die SWAPO alles übernahm. Im recht aktiven
Reitclub Okahandja habe ich als Sekretär und
Vorsitzender lange im Vorstand gedient. Von 1973 bis
1986 war ich als freiwilliges Mitglied im "Kommando",
einer Art Miliz, und brachte es bis zum Stabsfeldwebel
im Luftgeschwader.
Telse ist mir immer treu zur Seite und sorgte für
Kinder, Haus und Garten. Nach 14 Jahren Arbeit in
einem Spirituosengeschäft hat sie sich aber auch
zur "Ruhe" gesetzt. "Ruhe" weil
für die Kinder immer etwas zu Stricken oder Häkeln
ist: "Mutti, kannst Du nicht mal ...?"
Unsere beiden Töchter Britta (994) und Michaela
(1025) sind beide verheiratet und leben in Walfischbay
. Britta hat aus 1. Ehe einen Sohn Robert und eine
Tochter Gaby, Michaela eine Tochter Stephanie.
Ja und so komme ich nun bis zum bisher letzten männlichen
Sproß des Hauses Golz: mein Sohn Lutz (995).
Die Schuljahre verliefen zunächst sehr gut, doch
dann war da ein Lehrer der sehr viel gegen das "von"
hatte und da ging`s bergab. Sein Eifer und Interesse
galten hauptsächlich der Radiotechnik und das
wurde, nach der Wehrdienstpflicht, dann zu seinem
Beruf. Mit viel Selbststudium hatte er es nun zum
Leiter der Abteilung Tonstudiotechnik bei der Namibian
Broadcasting Corporation gebracht. Vor wenigen Wochen
hat Lutz nun beschlossen den weiteren Lebensweg nicht
länger allein zu gehen. So besteht die Aussicht
auf ein weiteres Wachsen des Hauses.
Damit möchte ich diesen Bericht abschließen,
der uns gezeigt hat, daß ein Zusammenhalt in
der Familie und das Wissen um die Familie die Kraft
gibt, auch schlechte Zeiten, erfolgreich zu überstehen.
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